Thema

Die Aktivitäten im digitalen Raum nehmen stetig zu: Immer mehr Menschen (Laien und Dilettanten) fotografieren, filmen, bloggen, posten, taggen und spielen auf den verschiedenen Plattformen des Internets. Im Dezember 2006 kürte das Time Magazin „Du“ zur „Person des Jahres“ – Du, der User, ist nicht mehr Rezipient, sondern Akteur und Produzent von medialen Inhalten. Sind wir alle zu Medienamateuren geworden?
Als Schlüsselthema in unserer Gesellschaft hat sich die moderne visuelle Kultur im 20. Jahrhundert durch immer neue Möglichkeiten der Bilderzeugung weiterentwickelt: Fotografie, Film, Video bis zu den Repräsentationsmöglichkeiten von Bildern im Internet – Bilder beherrschen unseren Alltag, unsere wissenschaftliche Arbeit, beeinflussen unsere Meinungen und prägen unser Bewusstsein.
Ziel der Tagung ist es, die Geschichte der Bildproduktionen von Amateuren möglichst in ihrer Vielfalt darzustellen und Analyse-Konzepte zu diskutieren. Die aktuellen Forschungen aus verschiedenen Disziplinen stehen dabei im Vordergrund. Uns interessieren besonders folgende Aspekte:
1. Bieten die gegenwärtigen Amateur-/Internetuser-Aktivitäten Anlass zum Überdenken bisheriger Positionen zum Amateur? Müssen die historischen Entwicklungen der Medienamateure angesichts des Medienumbruchs Web 2.0 neu bewertet werden?
2. Fragen zur Terminologie von Amateur, Laie, Dilettant und die Bedeutung der Amateurpraxis für Kunst, Kultur und Politik sind in allen Teilbereichen Thema – ein interdisziplinärer und internationaler Austausch soll ein (neues) Feld der Auseinandersetzung begründen.
3. Angestrebt wird die Stärkung kulturhistorischer Zugangsweisen in der aktuellen wissenschaftsgeschichtlichen Debatte um Bildwissenschaft. ‚Visuelle Kultur’ ist hier Stichwort für die Vermittlung einer interdisziplinären Betrachtungsweise von Amateurphänomenen.
Die Debatte darüber, dass Amateure in unserer Kultur zunehmend an Bedeutung gewinnen, ist in den letzten Jahren in Print- und Online-Medien explosionsartig angestiegen. Menschen, die früher nur in ihrem Familien- und Freundeskreis selbst gemachte Bilder zeigten, haben nun erstmals die Möglichkeit, sich öffentlich und vor allem global zu artikulieren. Die elektronische Revolution (Stichwort Web 2.0) hat ganz neue Bildproduzenten hervorgebracht. Kulturhistorische Analysen zum Verhältnis von Kunst und Alltag sowie Kunst, Populärkultur
und Wissenschaft überschreiten die Feuilleton-Debatte und schaffen ein wissenschaftliches Fundament. Auf dieser Tagung stellen jüngere und ältere (Bild-)WissenschaftlerInnen aus den Disziplinen Kunstgeschichte, Geschichtswissenschaft, Ethnologie, Film- und Theaterwissenschaft, Medienwissenschaft, Politik- und Sozialwissenschaft ihre aktuellen Forschungen zur Geschichte und Gegenwart der visuellen Kultur von Medienamateuren vor.
Die Schwerpunkte der Tagung sind: Selbstdarstellung, das Verhältnis von Privatheit und Öffentlichkeit, Partizipation der Amateure an der Politik der Bilder, Amateurbewegungen (Film und Fotografie), Alltagskultur, Jugendkultur, Kunst und Amateurbild. Eine Mediengeschichte, die Bild und Text, alte und neue Medienformate, Alltagskultur und Kunst im Blick hat, soll die Grundlage bilden für die Interpretation gegenwärtig virulenter Fragen, etwa die nach einem gesteigerten medialen Selbstbewusstsein, nach der Genderspezifik der medialen Performance, nach epistemologischen Aspekten zu globalisierten Bilderwelten und Bildstandards sowie möglichen neuen moralischen Prämissen, die sich in der visuellen Kultur ausbreiten.

 

 

 

 

 

 



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